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Sonntag, 19. Oktober 2014

Der Hundertjährige, der aus dem Fensterstieg und verschwand

Ein äußerst interessanter Roman von Jonas Jonasson
Inhalt (Wikipedia)
Eine Stunde vor der offiziell anberaumten Feier seines 100. Geburtstags beschließt Allan Karlsson, aus seinem Zimmer im Altersheim von Malmköping zu fliehen, um dem erwarteten Rummel um seine Person zu entkommen. Auf dem Busbahnhof bittet ihn ein junger Mann, der dringend zur Toilette muss, auf sein Gepäck aufzupassen. Kurz entschlossen steigt Allan mit dem Rollkoffer in den Bus nach Strängnäs. Auf halber Strecke steigt er aus und trifft auf einem verlassenen Bahnhof auf den siebzigjährigen Gelegenheitsdieb Julius Jonsson, dem er bei einer Flasche Schnaps und Elchfleischgulasch freimütig von seinem kleinen Abenteuer erzählt. Da taucht der junge Mann wieder auf. Er hatte nach dem Verschwinden seines Koffers sofort die Verfolgung aufgenommen und stellt nun die beiden Alten zur Rede. Es stellt sich heraus, dass er Mitglied des kriminellen Biker-Clubs Never again ist. Im letzten Augenblick gelingt es Allan und Julius, ihn zu überwältigen und in einen Kühlraum zu sperren. Sie brechen den Koffer auf und finden darin zu ihrem Erstaunen 50 Millionen schwedische Kronen, die aus einem Drogendeal stammen. Am nächsten Morgen ist der junge Mann im Kühlraum erfroren, woraufhin sie beschließen, sich mit dem Geld aus dem Staub zu machen und unterwegs die Leiche zu entsorgen.

Es entwickelt sich eine skurrile Kriminalgeschichte, in deren Verlauf Allan, Julius, der Langzeitstudent und ehemalige Imbissbudenbesitzer Benny Ljungberg sowie die einsam auf ihrem Hof lebende Gunilla Björklund alias „die Schöne Frau“ mit ihrer aus einem Zoo in Växjö entflohenen Elefantendame Sonja sich mit Gangstern, Polizei, Staatsanwaltschaft und neugierigen Reportern herumschlagen müssen, bevor sie am Ende glücklich in einem Hotel auf der Insel Bali ankommen.

Parallel zu den Geschehnissen des Jahres 2005 wird die Lebensgeschichte der Hauptfigur erzählt: Allan Karlsson wird gegen seinen Willen in die wichtigsten politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts verwickelt, schafft es aber, sich aus allen ideologischen Verwicklungen herauszuhalten. Sein Vater geht 1917 nach Russland, wandelt sich dort vom glühenden Sozialisten zum Verehrer des letzten Zaren Nikolaus II. und fällt schließlich im Kampf gegen die Bolschewiki, als er sein zur „unabhängigen Republik“ ausgerufenes Grundstück verteidigt. Daraufhin verlässt Allan mit neun Jahren die Schule und wird in einer Nitroglyzerinfabrik zum anerkannten Sprengstoffexperten. Als ein lokaler Industrieller bei einem Sprengstoffunfall stirbt, wird Allan als „sozial gefährlich“ eingestuft, in die Klinik des schwedischen Rassenforschers Herman Lundborg eingeliefert und dort zwangssterilisiert. Erst nach sieben Jahren darf er die Klinik wieder verlassen, da er jetzt als „geheilt“ gilt. Er kehrt zurück in seinen Heimatort, jagt das eigene Haus in die Luft und arbeitet dann erneut in einer Sprengstofffabrik.

Dort überredet ein entflohener spanischen Revolutionär ihn, mit nach Spanien zu gehen. Er wird in die Kämpfe des Spanischen Bürgerkriegs verwickelt und rettet eher zufällig dem General Franco das Leben, der sein bester Freund wird. Damit beginnt Allan Karlssons wechselvolle Reise durch die Weltgeschichte. Sie führt ihn zuerst als Kellner zum Manhattan-Projekt in die USA, wo ihm später der entscheidende Tipp zum Bau der Atombombe die Freundschaft Harry S. Trumans einbringt. Danach geht er mit Song Meiling, der Ehefrau Chiang Kai-sheks, nach China, rettet dort das Leben Mao Zedongs künftiger Frau Jiang Qing und landet schließlich nach einer mühsamen Überquerung des Himalaya im Iran, von wo er, nachdem er das Hauptquartier des Geheimdienstes in die Luft gejagt hat, mit Winston Churchill nach London fliegt.

Wieder in Schweden überredet ihn ein sowjetischer Physiker, in Moskau den Sowjets beim Bau einer Atombombe zu helfen. Durch unvorsichtige Bemerkungen bei einem Abendessen zieht er Stalins Zorn auf sich, wird verhaftet und kommt nach Wladiwostok in ein Arbeitslager, aus dem ihm nach fünf Jahren ein spektakulärer Ausbruch gelingt. Über Nordkorea und China, wo Mao Zedong ihm aus Dankbarkeit einen „riesen haufen Dollahs“ aus dem amerikanischen Entwicklungsfonds übergibt, reist Allan mit Herbert Einstein, angeblich Halbbruder Albert Einsteins, nach Indonesien. Dort verbringt er 15 Jahre im Urlaub, bevor ihn eine indonesische Politikerin, Ehefrau seines Freundes Herbert, als „Botschaftsangestellten“ nach Paris mitnimmt. Nach vielen weiteren Abenteuern und einer Karriere als Spion der CIA kehrt Allan mit inzwischen 80 Jahren nach Schweden zurück und kauft sich in der Nähe seines Heimatortes ein Häuschen. Als ein Fuchs seinen Lieblingskater Molotow tötet, bastelt Allan eine Sprengstofffalle, die allerdings nicht nur den Fuchs erwischt, sondern gleich das gesamte Anwesen zerstört. Daraufhin weist man den 99-Jährigen in ein Altersheim ein, wo er auf seinen Tod wartet, bis er kurz vor der Feier seines 100. Geburtstages aus dem Fenster steigt und das Weite sucht.

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Andrea Camilleri "Der Tanz der Möwe"

Der commissario ist inzwischen 57 Jahre alt, schläft oft unruhig und trauert immer häufiger den guten alten Zeiten nach. Was war da besser? Was ist heute schlechter als damals?

Die Welt scheint ihren Halt verloren zu haben. Unordnung und Rücksichtslosigkeit greifen um sich, ein menschliches Miteinander wird immer schwieriger. Im Leiden der sterbenden Möwe, ihrem letzten Auf­bäu­men erkennt Salvo in gewisser Weise sich selbst: als wäre er der letzte Mohikaner, der sich gegen das übermächtig werdende Böse in der Welt stemmt. Denn wiewohl er nach außen hin gern ruppig erscheint, macht es ihm seine Feinfühligkeit nicht leicht, das Alltagsgeschäft einfach so hinzunehmen und abzuar­beiten. Auf was für Spuren und Indizien er und sein Team auch treffen – Blut, Kugeln, Lügen –: Er spürt, welches Leid, welche Nöte sich oft dahinter verbergen.

Nur ist leider auch er alles andere als perfekt, insbesondere, wenn es um Lidia, die Langzeitverlobte, geht. Wieder einmal vergisst Salvo, von seiner Arbeit restlos in Beschlag genommen, dass er mit ihr eine Abma­chung getroffen hatte, und der Polizei-Tolpatsch Catarella denkt natürlich an nichts Böses, als er sie dar­über aufklärt, womit ihr Salvo gerade beschäftigt ist ...

Der Krimiplot setzt diesmal in besonderer persönlicher Nähe ein: Inspektor Fazio, Montalbanos zuverläs­sig­ster Mitarbeiter und ein wahrer Freund, scheint entführt worden zu sein. Nach und nach entfaltet sich ein Fall von Waffenschmuggel, der Fazio (und andere) in größte Gefahr bringt. Was Montalbano jedoch über die bloße Gesetzlosigkeit der Taten hinaus verzweifeln lässt, ist die mitleidlose Grausamkeit, mit der die Verbrecher ihre unmenschlichen Aktionen durchziehen, als wären sie gefühllose Automaten. Ihre Op­fer müssen einen qualvollen Weg durchleiden, ohne sich entziehen zu können – das Sterben der Möwe am Strand ist Spiegel und Symbol.

Camilleri, der alte, immer wieder junge Routinier, weiß, wie man langsam und leise, aber effektvoll Span­nung aufbaut und am Köcheln hält: die eindrucksvolle Möwenepisode gleich am Anfang als ominöse Vor­ausdeutung, ein geschickter Wechsel zwischen Verbergen, Andeuten und Aufdecken wichtiger Informatio­nen, unscheinbare Indizien in Äußerungen und Gesten ... Wie immer begleiten wir den commissario auf Augenhöhe.

Und ebenso wohlbekannt ist, wie der Autor seine Figuren nicht nur gestaltet, sondern uns ans Herz legt. Da ist die leise Ironie des Erzählers, der von menschlichen Schwächen berichtet; der verschmitzte Ton des Salvo Montalbano, wenn er mit seinen sizilianischen Mitbürgern zu tun hat; die stilistische Vielfalt ...

Am Ende hat Montalbano mit seinem Team den Fall gelöst, aber die Welt ist nicht besser geworden. Denn das Grundübel besteht noch, die Strippenzieher können weitermachen wie bisher, die Verantwortlichen schauen weg (oder gar zu), die Öffentlichkeit schert sich nicht, da sie ja ohnehin machtlos ist und alles ja immer schon so war ... Und doch bleibt ein Schimmer Hoffnung: Es lohnt sich, Anteil zu nehmen, sich auf­zu­bäu­men. (Bücherrezession.org)

Sonntag, 28. September 2014

Der Schwimmer von Joakim Zander

Damaskus: Das Kind in seinen Armen hat hohes Fieber, atmet kaum noch. Im nächsten Moment explodiert eine Bombe: Die Frau, die er liebt, stirbt. Doch der Anschlag galt ihm. Dem amerikanischen Agenten.
Brüssel: Im Haifischbecken der Politiker und Lobbyisten bewegt sich EU-Referentin Klara Walldéen mühelos. Doch dann begegnet die junge Schwedin Mahmoud wieder, einem erfolgreichen Politologen, ihrer großen Liebe. Er besitzt Informationen, die seinen Tod bedeuten können. Und auch Klaras.
Arkösund & Sankt-Anna-Schärengarten: Ihr Fluchtpunkt. Hier ist Klara aufgewachsen. Hier gibt es Menschen, so rau wie die Natur. Auf die Verlass ist. Ganz gleich, wie hoch die Wellen schlagen.
Langley: Der amerikanische Agent ist der Einzige, der Klara retten kann. Ein Mann, der bei seinen Einsätzen alles vergessen wollte: Die Vergangenheit. Die Schuld. Sein Kind, das er nie wieder gesehen hat. Und der nur an einem Ort Ruhe findet. Im Wasser. Während er seine Bahnen schwimmt. Zug um Zug.
Mahmoud erhält einem ehemaligen Kollegen den Hinweis auf brisantes Geheimmaterial, das er sicher in einem Schließfach in Paris aufbewahrt. Beim ersten Treffen wird der Kollege ermordet und Mahmoud des Mordes beschuldigt. Er kann sich noch zu Klara retten, die aber ebenfalls überwacht wird. Gemeinsam gelingt ihnen die Fahrt von Belgien nach Paris, wo sie das Schließfach finden. Doch die Verfolger sind nicht abzuschütteln und Mahmoud stirbt in einem Schusswechsel. Klara fährt mit dem gesperrten Laptop weiter nach Amsterdam, wo sie Hilfe für das Entsperren findet. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Gabriele versteckt sie sich auf den Schärengarten. Jetzt tritt erstmals Langley, ihr Vater, in ihr Leben. Gemeinsam mit Klara`s Großvater will er Klara retten. Es gelingt ihm, aber er verliert dabei das Leben. Der Apple-Computer bleibt für die beiden Frauen ihre Lebensversicherung.
Jetzt erst erfährt Klara, dass sie ihren Vater verloren hat. Sie fällt in tiefe Melancholie. Das Stück von Arvo Part "Spiegel im Spiegel" begleitet sie dabei.
Susanne, die Vorgesetzte von Langley, empfängt am Ende des Romans Klara. Auf die Frage, wie er Vater gewesen sei, antwortet sie - er war ein Schwimmer.

Musikhinweis: Prince Phillip Mitchell "I´m so happy" http://www.youtube.com/watch?v=RH2q0kmxcqQ
Arvo Part "Spiegel im Spiegel"
http://www.youtube.com/watch?v=T8udEA_dx1s

Sonntag, 21. September 2014

Der Allesforscher von Heinrich Steinfest

Diesmal kein Krimi sondern eine wunderbare Erzählung.
Personen - Sixtus Braun, Manager, Bademeister, Erzähler; Lana, deutsche Ärztin in Taiwan, Geliebte von Sixtus und Mutter von Simon, einem kindlichen Allesforscher; Kerstin, spätere Geliebte von Sixtus; Auden Cheng, leiblicher Vater von Sixtus; Mercedes der Messerwerfer; Astri, die Schwester von Sixtus.
Sixtus Braun wird in Taiwan von einem Stück eines explodierenden Wals getroffen. Im Krankenhaus lernt er Lana kennen und lieben. Bei der Rückreise von Japan stürzt Sixtus ins Meer wird gerettet und kehrt nach Deutschland zurück. Der Kontakt zu Lana versiegt. Sixtus nun Bademeister adoptiert nach dem Tod von Lana den scheinbar gemeinsamen Sohn Simon. Dieser hat jedoch ein asiatischen Aussehen, spricht eine nur ihm bekannte Sprache, ist hochbegabt beim Klettern und ein Zeichengenie - ein Allesforscher. Sein wirklicher Vater ist der Taiwanese Auden Cheng , der sich vor dem Geheimdienst in die Tiroler Berge geflüchtet hat. Hier endet auch der Roman - es begegnen sich Sixtus, Auden und Simon ohne über ihre wirkliche Beziehung zu wissen - sie können sie nur erahnen. Die drei Personen bilden für die Zukunft eine Symbiose und freundschaftlich verbunden.

Vermerk - W.H. Auden Funeral Blues (stop all the clocks)

http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/literatur/buecher_aktuell/628673_Steinfest-Heinrich-Der-Allesforscher.html

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